Ausstellung im St.Marien-KH Klotzsche

“Lebenszeichen” – Katharina Probst

„Was für ein Wunder Kind gewesen zu sein“, zitiere ich die Künstlerin Katharina Probst. Und sogleich sind wir mittendrin in der Betrachtung ihrer Lebenszeichen. Es ist ihr Thema: das Sammeln von Lebensabschnittseindrücken. Wie auf eine Perlenkette reiht sie Kindheit, Erwachsen-werden, die Suche nach dem eigenen Platz im Leben, dem Ort des Verwurzelns, aber auch das Weiterziehen und das Voranschreiten des Alters. Dies alles finden wir, wenn wir die Gänge durchschreiten. Wir durchstreifen den Kindheitsgarten: sonntäglich gekleidet wurden wir ausgeführt. Hat es, haben wir uns gefallen? Die Antwort finden wir vielleicht im nächsten Bild bei einem Spiel auf dem Wasser: welches Boot kommt voran, welches kann sich wie lange über Wasser halten. Ein andres fährt mit unseren Lieben “hinüber“, wo auch immer die Anlegestelle sein wird und nimmt das Erwachsenwerden vorweg. Ist es das in Poesiealben beschworene „Rudern gegen den Strom“? Wer nicht lernt, bleibt zurück? Vielleicht. Manchmal schon. Vielleicht ist es aber auch ein Schwanken, Schaukeln. Oder: ein Augenblick des Innehaltens. Des bewussten Wahrnehmens des Zusammenspiels Mensch und Natur.
Wie klein nimmt sich doch das Mädchen auf der Schaukel aus, deren Ringe so weit oben im Himmel befestigt die Weite des Lebens andeuten. Und gleichzeitig beschränken.
Und natürlich hat die Erinnerung auch Leerstellen. Das Gedächtnis lässt Dinge groß erscheinen, so wie die Tante mit ihrem Brief aus Brasilien. Nun, da Gras darüber gewachsen, ist die Exotik des im Brief plattgedrückten blauen Schmetterlings dem Grau eines Nachtfalters gewichen. Und das malerische Erinnern hat das Kleid blau gefärbt.

Katharina Probst

Wussten Sie, dass dieser Nachtfalter „Das schwarze C“ genannt wird, weil sich zwischen Nierenmakel und innerer Querlinie ein markantes schwarzes C befindet, dessen konkave Wölbung weiß gefüllt ist ? Er ist, im Gegensatz zur brasilianischen Rieseneule – so nennt man diesen Falter – winzig mit seinen bis zu 45 mm Spannweite gegenüber 30 cm des Eulenfalters.
Neben dem Schmetterling, der mit seiner Transformation für das Leben und die Freiheit, aber auch für die Wiedergeburt steht, sehen wir die Äpfel überreif oder schon der Fäulnis hingegeben im Garten liegen, die Tulpen im Verblühen ihre Blätter von sich werfen.
Während „Wildwuchs“ an uns vorüber zieht, die schöne Gärtnerin zur Pflanze mutiert und die Raupe sattgefressen unter dem Strauch liegt, betreten wir (malerisch) verbranntes Land. Vulkane haben ihre Arbeit getan. Doch fruchtbar ist sie noch, die Erde. Wasser macht, dass Früchte gedeihen. Und uns unseren Lebenserhalt sichern. Damit vollendet die Natur den Lebenskreis.
Dies alles betrachtet sie wertschätzend, die Malerin, in ihren Stillleben – natura morte.

Kommen wir zurück zu den Menschen. Portraits, als DenkZeitProjekt in der CoronaZeit entstanden, zeigen Menschen im Alter zwischen 80 und 100 Jahren. Die Künstlerin hat Interviews geführt, in Fotoalben geblättert, Skizzen und Zeichnungen gefertigt.
„Lebensspuren“ nannte sie dieses Projekt.
Neben diesen eindrucksvollen Gesichtslandschaften entstanden in den letzten Jahren weitere Porträts. Menschen aller Altersstufen und in verschiedenen Paarungen hat die Künstlerin portraitiert.
Das Portrait nennt sie auch „das Herzstück“, in dem sie den Menschen „von innen und außen behauen“ zeigen kann.

Und um Träume, um Träume geht es auch.
Zurück auf Anfang: Welches Boot kam wo an und wer hat es verlassen nach der „Überfahrt“.
Wer hat den Sprung gewagt? Ins Leben, in einen anderen Lebensraum?
Wessen Träume gingen in Erfüllung?
Diese Fragen können Sie sich beim Betrachten der Bilder gern auch selbst stellen.

Ums Versteinern geht es, um festgezurrte Strukturen. Ums Loslassen, ums Finden. Und um Gemeinsamkeit, familiäre, um Freundschaften und Gesellschaft.

Sie werden hoffentlich, nein: sicher noch viel mehr entdecken in den Arbeiten von Katharina Probst.

Die Künstlerin Katharina Probst hat, inspiriert durch den Künstler Eberhard von der Erde, die Farbe für sich entdeckt, als sie 25 Jahre jung war.
Nach ihrem Studium der Theatermalerei war sie in Eisenach und danach als Kostümmalerin an der Semperoper tätig. Diese Arbeit ist ein nicht unwesentlicher Faktor für das Gelingen eines lebendigen Kostümbildes in einem Ballett-oder Opernstück. Neben dem Bemalen von Kleidungsstücken gehört u.a. auch dazu die richtigen Farben für Schuhe und Strümpfe zu finden und diese dem Hauttyp nach zu interpretieren. Ein kleines Arbeitsgeheimnis verriet sie mir: am besten lässt sich vor einem Spiegel bei künstlichen Lichtverhältnissen, mit Scheinwerfern – wie auf der Bühne – das gewünschte Ergebnis erzielen.

Seit 2008 ist die Künstlerin als Malerin und Grafikerin selbstständig und gleichzeitig Mitglied des Künstlerbundes Dresden e.V..
Im Jahr 2021 erhielt sie den Kunstpreis für Malerei der QQArt Galerie Hilden.

Viele Ausstellungen hat Katharina Probst begleitet. Ihre letzte, größte und für sie wichtigste war die in Plauen im vergangenen Jahr.

Außerdem schrieb sie Limericks und illustrierte sie auch.
Sicher ist auch dieses ein Lebenszeichen, wenn ich Sie mit folgendem Limerick in die Gänge und ins Gespräch mit der Künstlerin entlasse. Aber natürlich erst nach der wunderbaren Musik von Danuta Jacobasch.

Ein rüstiger Alter aus Zadel
schwang sich voll Freude aufs Radel’.
Er wollte nach Poznan,
dort kam er nie an.
Schuld dran war ne Dame von Adel.

Solvig Frey
01.08.2024

www.katharinaprobst-malerei.de